Blutegel in der Tierheilpraxis
Tiertherapeuten haben es in der Regel mit Tieren als Patienten zu tun. Tiere können aber auch Assistenten bei Therapien sein, wie zum Beispiel der medizinische Blutegel (Hirudo medicinalis medicinalis oder Hirudo medicinalis officinalis = Hirudo verbana oder ungarischer Blutegel).
Blutegel in der Tierheilpraxis
Einsatzgebiete in der Tierheilpraxis sind z.B. bei Pferden akute Erkrankungen wie Hufrehe, traumatisch bedingte Arthritis und Sehnenentzündung, Arthrose, Nackenbeule, bei Hunden Arthrose, Hüftgelenkdysplasie, akute Discopathie etc.. Eine besondere Technik ist die "Hirudinopunktur", bei der Blutegel auf spezielle Akupunkte gesetzt werden. Erwähnenswert ist die Studie von Michalsen et.al. über die heilsame Wirkung von Blutegeln bei Kniegelenksarthrose beim Tier Mensch von 2004.
Da viele Therapeuten in der Praxis schon den oft erstaunlichen Nutzen dieser Ringelwürmer (Annelida, nächster Verwandter = Regenwurm) erlebt haben, wächst auch ihr Interesse an diesen archaischen Tieren, die mit ihren 5 Augenpaaren auf weit mehr als 650 000 000 Jahre erfolgreicher Innovationen zurückblicken können. Das wachsende Interesse gilt, neben den Indikationen, den biologischen Grundlagen ihrer medizinischen Wirkung, ihrer allgemeinen Biologie, der Aufzucht und Halterung, der Hygiene etc.
Wenn sie auch archaisch erscheinen mögen: Sie waren bis heute sehr erfolgreich
mit ihrem insgeheim ständig verbesserten biologischen Equipment, und gerade
diese evolutiven Verfeinerungen waren es, die sie manchmal an den Rand der Ausrottung
brachten. Biologisch gesehen waren sie mit dem, was sie für ihr Auskommen
zu geben hatten, immer up-to-date.
Heute, da Technik das Bild der Medizin zu beherrschen droht, erscheint es vielen
Therapeuten, als sei die Anwendung von Blutegeln ein irrationaler Rückfall
ins Mittelalter, Aberglaube, Scharlatanerie. Man vergisst dabei offenbar, dass
die raffiniertesten technischen und chemischen Errungenschaften aus der Natur
stammen, woraus z.B. die Bionik und die Arzneimittelhersteller (s. Penicillin
et al!) ihr Know-How schöpfen.
Ein schönes Beispiel für natürlich-raffinierte Technik ist z.B.
die Struktur und Funktion der Kieferleiste der Egel.
Wenn auch das Bild der Blutegel immer noch bei manchen Menschen (Egel kommt
übrigens nicht von Ekel sondern von "echis"= kleine
Schlange (griech.)) von archaischen Vorurteilen geprägt ist, die Wirksamkeit
bei verschiedenen Indikationen ist in zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen
zweifelsfrei dokumentiert. Außerdem gehören Blutegel zu den ältesten
Heilmitteln, die wir kennen, so dass ein immenses Erfahrungswissen besteht.
(Die pharmazeutische Bedeutung des Blutegelspeichels dürfte auch alleine
schon aus der Tatsache hervorgehen, dass die Pharmaindustrie ein erhebliches
Interesse daran hat, und hierfür einiges investiert - leider auch an
den tierischen Ressourcen.).
Blutegel dürfen nur einmal verwendet werden.
Ich beachte diese Regel selbstverständlich und unsere Händler (Blutegelsucht)
bestätigen, dass die Tiere keine Krankheiten tragen. Es lohnt sich auch
nicht immer, Blutegel zu einer weiteren Verwendung am gleichen Tier aufzuheben:
denn der Aufwand hierfür ist relativ groß.
Blutegel sollten nur von geschulten Therapeuten angewendet werden, denn es ist einiges zu beachten unter anderem folgendes:
- Der Blutegel kann unter "Versendungsstress" leiden
- Es darf zu keinem Kontakt des Patientenblutes mit dem Darminhalt des Egels kommen.
- Beim Quetschen oder Zugabe von zuviel Salz zum vorzeitigen Ablösen: Wenn es zum Kontakt des Patientenblutes mit dem Darm-oder Mageninhalt des Egels kommt, können - insbesondere bei immunschwachen Tieren - Infektionen auftreten.
Zum Schluss noch eine interessante wissenschaftliche Neuentdeckung: Neuronen
von Blutegeln wurden in Computerschaltkreise integriert: Sie waren zur Bewältigung
einfacher Rechenaufgaben in der Lage. Und: die Beschränkung auf diese Fähigkeit
lag nur an der Versuchsanordnung - man erwartet in der Zukunft noch Überraschendes.
Ist das nun ein Triumph der Natur oder der Technik, und, trotz der Faszination,
die von solchen Ergebnissen ausgeht: Welche Natur-Technik-Chimären stehen
uns noch ins Haus?!